Abseits von Affiliate-, Mode- und Testblogs hat das Blogging eine lange und umfangreiche Geschichte. Es galt als politische Meinungsmache, bot fachlichen Austausch und die Möglichkeit, sich weltweit informell zu vernetzen. Blogging bereitete den Boden für eine niederschwellige Kommunikationskultur, die jenseits von Tageszeitungen, Funk und Fernsehen auch für technisch wenig versierte Internetuser realisierbar war. Außerdem eröffneten sich mit Blogs ganz neue Einnahmequellen für User und Unternehmen. Mehr zur Entwicklung des Bloggings im folgenden Beitrag.
Kleine Begriffskunde
Inhaltsverzeichnis
Das oder der Weblog? In den Anfängen des Bloggings war es „das Weblog“. Mittlerweile wird deutlich häufiger „der Blog“ eingesetzt, um verschiedene Formen der tagebuchähnlichen Kommunikation zu beschreiben. Das Wort „Blog“ prägte Peter Merholz erst 1999, davor wurde ausschließlich vom Weblog oder Vlog gesprochen.
Tagebuch oder News? Im Grunde entstammt das Blogging dem Wunsch, seine Gedanken im Journal-Stil – also zeitlich geordnete, einzelne Beiträge – zu veröffentlichen. Webseiten waren anfangs ausschließlich statisch und ließen keinen Raum für „News“ in irgendeiner Form. Erst mit den Blogs änderte sich das. Das Web 2.0 wurde dynamisch.
Textwüste oder Multimediashow? Die Blogs der frühen 90er bestanden primär aus Text – denn alles andere erforderte hohe Ladezeiten bei der langsamen Internetverbindung, die den meisten Privatnutzern zur Verfügung stand. Inzwischen setzen Blogs die Vielfalt der modernen Internetstruktur ein mit Videos, Grafiken, Bildern und Audioeinspielungen – inklusive der Einbettung von Inhalten aus anderen Plattformen oder der interaktiven Anpassung von Inhalten an verschiedene Endgeräte.
Daten, Zahlen, Fakten: Blogging konkret
Der Physiker und Informatiker Tim Berners-Lee startete seinen Blog am 13. November 1990. Gedacht war er als Austauschmöglichkeit mit seinen Kollegen. International gilt der Blog des Freelance-Journalisten Justin Hall von 1994 als erster öffentlich erreichbarer Blog.
Diese Blogs der Anfangsjahre bestanden vor allem aus technischen Inhalten, dienten dem fachlichen Austausch oder boten Einblicke in persönliche und politische Gedankengänge.
Eine umfassende Zeitleiste für bekannte Blogs im deutschsprachigen Raum bietet Metaroll. Viele Blogs der ersten Stunde sind mittlerweile stillgelegt, teilweise lassen sie sich aber noch via Archive.org rekonstruieren.
Erst ab 1999 geht eine regelrechte Wachstumswelle durch die deutsche Blogosphäre. Kurz herausgegriffen sind hier einige prominente Blogs/Blogplattformen:
- 1998: Blogplattform OpenDiary
- 1999: Blogplattform LiveJournal
- 2002: Politblog Spreeblick.de
- 2003: WordPress als CMS für Selbsthoster (Version 0.7)
- 2003: Blogplattform Blogger
- 2003: Rechtsblog Lawblog.de
- 2004: Technikblog Perun.net
- 2004: Politikblog Netzpolitik.org
- 2006: Wirtschaftsblog Gruenderszene.de
Wie viele aktive Blogs es tatsächlich gibt, ist unbekannt. Die ausführliche Infografik des Websitebuilders spricht von 1,5 Milliarden Blogs.
Sicher ist: Es sind in Summe wesentlich mehr englischsprachige Blogs. Einzelne Blogplattformen wie WordPress oder Tumblr veröffentlichen teilweise entsprechende Daten. Nutzer des bekannten Jetpack-Plugins von Automattic liefern die Daten für eine öffentliche Live-Statistik, die mit Stand Juni 2018 gerade einmal 1,3 Prozent deutschsprachige Blogs verzeichnet. Zum Vergleich: 71 Prozent der mit WordPress betriebenen Blogs (auf denen Jetpack verwendet wird) nutzen die englische Sprachversion.

Quelle: Websitebuilder
Nachdem täglich sowohl neue Blogprojekte gestartet als auch vorhandene Blogs geschlossen werden, deren Ende nirgendwo dokumentiert wird, ist die Zählung aktiver Blogs extrem schwierig.
Einzelne Blogplattformen bieten immerhin Informationen zu Usern oder verzeichneten Downloads an:
- Tumblr 417 Millionen (Stand Juni 2018)
- WordPress 95 Millionen Mal heruntergeladen (Stand Juni 2018)
- Jimdo 20 Millionen Seiten (Stand 2017)
Vereinzelt werden auch regelmäßige Posts auf Social Media Plattformen wie Instagram, Facebook und Co. als Form des Bloggens gewertet. Belastbares Zahlenmaterial ist hier noch schwieriger zu identifizieren.
Professionalisiertes Blogging: Affiliate, Display Ads & Spenden
Vor allem mittels Displaywerbung begannen die ersten Blogbetreiber, ihre Blogs zu monetarisieren. Werbebanner, später auch Pop-ups und bezahlter Linktausch, folgten.
Aktuell nutzen gewerbliche Blogs überwiegend
- Affiliate-Netzwerke wie Amazon, Affilinet, Zanox
- Gastartikel/sponsored Post
- Banner-Werbung (Direktvermarktung oder Werbenetzwerke)
- AdSense-Werbung (PPC)
- Linkverkauf
- Spenden (Flattr, Patreon, Paypal)
Affiliate-Angebote: Zu den größten Anbietern für Partnerprogramme zählt Amazon. In 2015 setzte Amazon 107 Milliarden Dollar um. Gut 10 Milliarden davon wurden dank des Partnerprogramms erwirtschaftet.
Pro: Affiliate-Links, Banner oder andere Werbemittel lassen sich vergleichsweise schnell mittels Code in der Webseite integrieren. Die passive Einnahmequelle ist vor allem bei nebenberuflichen Bloggern beliebt beziehungsweise wird zur Monetarisierung von Nischenseiten genutzt.
Contra: Im Zuge der Datenschutzgrundverordnung und der ePrivacy-Verordnung werden höhere Anforderungen an datenschutzrechtlich korrekt umgesetztes Tracking, die Privatsphäre des Webseitenbesuchers sowie seiner persönlichen Daten gestellt. Entsprechende Einwilligungen zum Tracking und der Weitergabe der Daten an Dritte (Partnerprogramme mit Sitz in Drittländern) sollten dokumentiert und entsprechend der Fristen aufbewahrt werden.
Gastartikel/sponsored Posts: Das Prinzip ist simpel – ein fertiger Artikel von Unternehmen A wird gegen Geld auf einem Blog B veröffentlicht. In der Regel sind Links zu einem spezifischen Angebot von Unternehmen A enthalten. Über die Dauer und die Art der Einbindung wird vor Veröffentlichung verhandelt.
Pro: Gastartikel können, wenn sie zum Thema des Blogs passend ausgesucht werden, eine sinnvolle inhaltliche Ergänzung darstellen. Kleinere Themenblogs profitieren von dieser einfachen Einnahmequelle.
Contra: Wie jede andere Form von Werbung auch, müssen diese Beiträge als Werbung deklariert werden. Ein Verzicht gegen die eindeutige Deklaration verstößt gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb.
Ad-Netzwerke: Vor allem via Restplatzverwertung, teils aber auch gezielt auf Nischencontent ausgerichtet werden klickbare Banner via Code eingebunden. Diese Art der Monetarisierung ist vor allem für Blogs mit starkem Traffic interessant, denn die Klickraten bewegen sich im einstelligen Prozentbereich.
Pro: Schnelle Einbindung und einfaches Controlling via Klickzahlen bietet eine simple Lösung, per Werbeanzeigen den Blog zu monetarisieren.
Contra: Die steigende Nutzung von AdBlockern verhindert das Ausspielen der Werbebanner und Co., Webseitenbesucher sind zunehmend genervt von zu auffällig platzierten Werbeeinblendungen. Gerade auf vermeintlich journalistisch geführten Blogs führt der Einsatz Werbemitteln zum Vertrauensverlust bei den Lesern.
Google AdSense: Was das Amazon Partnerprogramm für Affiliates ist, das ist das Google AdSense-Angebot für Displaywerbende. Google selbst ließ 2010 verlauten, bei AdSense für Content seien 68 Prozent der Einnahmen an die Publisher geflossen, bei AdSense für Search wären es 51 Prozent gewesen.
Pro: Per Code schnell eingebundene Werbemittel, die mittels Pay per Click abgerechnet werden. Ähnlich wie bei anderen Ad Networks bietet Google damit eine einfache Option an, um Einnahmen via Blog zu generieren.
Contra: Werbeeinblendungen bleiben Werbeeinblendungen, die unter Umständen von Webseitenbesuchern ungern akzeptiert werden. Zudem muss dem Tracking via Google AdSense im Grunde vor dem ersten Cookie zugestimmt werden – die in der DSGVO beziehungsweise der ePrivacy-Verordnung geforderte Opt-in-Lösung könnte die Einnahmen größerer Blogs empfindlich beschneiden.
Linkverkauf: Backlinkseller bieten Linkplätze auf reichweitenstarken Seiten gegen Geld an. Obwohl das insbesondere für die Reichweitensteigerung in der Suchmaschinenoptimierung eingesetzt wurde, haben auch Blogger unter Umständen diverse Angebote zur Verlinkung im Footer oder auf Startseitenbeiträge angenommen. Abhängig vom PageRank, der Site Authority und einigen weiteren Faktoren können pro Link mehrere einhundert bis eintausend Euro angesetzt werden.
Pro: Verlockend simple Methode, um einmalige oder wiederkehrende („Link-Abo) Einnahmen zu erzeugen.
Contra: Google rät in seinen Webmasterrichtlinien explizit davon ab, „do-follow“ Linkplätze zu verwenden.
Spenden: Flattr, Patreon oder der Paypal-Spenden-Button geben Blogs die Möglichkeit, eine werbefreie Bezahloption für Inhalte anzubieten. Flattr startete 2010 und sprach im ersten Jahr von rund 100.000 Nutzern. Unklar ist bis heute, wie viele Content Publisher Geld erhalten haben und in welcher Höhe Einnahmen geflossen sind. Denn die Bezahlung für einzelne Inhalte regelt jeder Besucher selbst. Große Publisher wie die TAZ nutzten den Dienst eine Zeitlang, um eine Paywall zu umgehen und ihre Inhalte trotzdem zu monetarisieren.
Patreon dient als Crowdfunding-Dienst, um bei Neuveröffentlichungen von Unterstützern Geld an den Künstler, Blogger oder Vlogger weiterzuleiten. 2013 gegründet, hat der Dienst nach eigenen Aussagen bis Januar 2017 100 Millionen Dollar an beteiligte Künstler ausgezahlt.
Paypal bietet einen simplen Spendenbutton, der via Code in den Blog integriert wird. Zahlungen laufen auf dem Paypalkonto des Bloggers ein, der Leser bestimmt in aller Regel selbst, ob und wenn ja, wie viel er spenden möchte. Zahlen zu Umsätzen, insbesondere für Blogger und Publisher, sind nicht bekannt.
Pro: Crowdfunding- und Spendenaufrufe appellieren an den Leser, seinen Beitrag zum Erhalt der frei zugänglichen Inhalte zu leisten. Das trägt dem ursprünglichen Gedanken des Bloggings Rechnung, dass die Weitergabe von Wissen und die Vernetzung untereinander über im Vordergrund stehen sollten.
Contra: Die Einnahmen dürften sich auf wenige Dollar beziehungsweise Euro pro Monat belaufen, sofern der Blog keinen bemerkenswerten Traffic mit entsprechend engagierter Leserschaft aufweist.
Sponsoring: Sponsoring ist wenig verbreitet, kann aber wie im Falle vom Social Media Watchblog dazu beitragen, ein informatives Angebot zu erhalten. Unternehmen können hier einzelne Beiträge oder konkrete Zeiträume mit fixen Beträgen unterstützen.
Pro: Das Prinzip des Sponsorings kann bei entsprechender Verhandlung eine sinnvolle Einnahmequelle sein. Die Zusammenarbeit mit bestimmten, angesehenen Unternehmen kann zusätzlich die Reputation des Bloggers stärken und positive Effekte auf Reichweite und Trust haben.
Contra: Abhängig von der Leserschaft können verschiedene Sponsoring-Partner ausscheiden, weil das Unternehmen bei den Lesern keinen guten Ruf hat. Setzen Blogger trotzdem auf dieses Sponsoring, verlieren sie unter Umständen Leser, Reichweite – und damit langfristig die Attraktivität für weitere Sponsoring-Partner.
Umsätze und Gewinne bei Themenblogs
Aus einer Studie von 2015 geht hervor, dass deutsche Themenblogs nur in 10,9 Prozent der Fälle mit Gewinnen über 1.000,-/Monat kalkulieren. 77 Prozent verzeichnen mit ihren professionellen Themenblogs weniger als 1.000,-€ Gewinn/Monat. 12,1 Prozent produziert sogar monatliche Verluste beziehungsweise erwirtschaftet keine Gewinne.
Mehr Infografiken finden Sie bei Statista
Eine Teilstudie von 2015 unter Modebloggern, durchgeführt von der Agentur Styleranking, zeigt:
- Deutsche Modeblogger professionalisieren sich
- 8 Prozent kalkulieren mit mehr als 1.000,-€ Umsatz/Monat
- 92 Prozent generiert weniger als 1.000,-€ Umsatz/Monat
Ähnlich sehen die Umsätze und Gewinne aus anderen Branchen aus, die primär Themenblogs mit journalistischem Hintergrund betreiben.
Unternehmensblogs: Salesmotor & Reputationssteigerung
Unternehmerische Blogs dagegen dienen primär der Reputationssteigerung, sollen Unternehmenswerte präsentieren oder aktiv für eigene Produkte werben. Als Teil der Contentstrategie werden unternehmenseigene Contenthubs eine zunehmend größere Rolle spielen, wenn sich Firmen unabhängig von sozialen Netzwerken wie Facebook oder Twitter machen wollen.
Websitebuilder spricht von 55 Prozent, die Unternehmen mit einem eigenen Blog an Webseitenbesuchern hinzugewinnen. Ähnlich positive Effekte hat ein Unternehmensblog auf Brand Awareness, Sales, Shares und Suchmaschinenrankings.

Quelle: Websitebuilder
790 Millionen Dollar fließen laut Websitebuilder in die Blog-Entwicklung. Im deutschsprachigen Raum hat Marketing allgemein keinen herausragenden Platz in der Budgetverteilung. Im B2B-Bereich nimmt das Marketing ein bis zwei Prozent des Gesamtjahresumsatzes ein. Im Konsumgüterbereich sind es, abhängig von der Unternehmensgröße und dem Jahresumsatz, schon eher acht bis zehn Prozent. Entsprechend unterschiedlich sind Unternehmensblogs und weitere digitale Contentstrategien ausgearbeitet. Dabei lassen sich die Umsatzsteigernden Effekte des Bloggings für Unternehmen ausführlich belegen.
Der ideale Blogpost in Zahlen
Für Corporate Blogs und themengeführte private Blogs sind Leserzahlen entscheidend: Schließlich sollen die produzierten Inhalte gelesen und möglichst auch kommentiert sowie geteilt werden. Der optimale Blogpost sollte deshalb:
- einen Titel von sechs Wörtern aufweisen
- um die 1.600 Wörter enthalten
- und zwischen drei bis circa sechs Minuten lesbar sein
Buffer hat hierzu eine Infografik erstellt, die sich auf wissenschaftliche Auswertungen des Leseverhaltens von Online-Lesern stützt.